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Debora Stein vom Lesezeichen dekoriert das Schaufenster zum Thema.

Eine Präsentation der von den Nazis verfolgten starken weiblichen Stimmen gegen Rechts

(und ein paar Männer lassen wir auch zu Wort kommen)

Die Lauterbacher Buchhandlung „Lesezeichen“ hat, in Zusammenarbeit mit den „Omas (und Opas) gegen Rechts“, eine Initiative gestartet in der die von den Nazis „Verbrannten Bücher“ wieder unters Licht heutiger Leselampen gebracht werden sollen. Zugleich soll die Umsetzung der ab 1933 in Deutschland durchgesetzten Bücherverbote im Vogelsberg erforscht werden.

In einem Schaufenster und im Laden des „Lesezeichens“ sind ab sofort eine Auswahl der spannendsten Romane und der sinnlichsten Gedichte dieser von den Nazis verbrannten und verbotenen Literatur zum Verkauf ausgestellt. Dass es sich bei diesen Büchern auch um einige der schönsten und besten Bücher in deutscher Sprache handelt, macht diese Erinnerungsarbeit zu einem großen Lesevergnügen.

Zugleich sind diese Buchvorstellungen auch der Auftakt zu einer historischen Recherche, mit der erforscht werden soll, wie in den Büchereien und Schulen des Vogelsberges das Bücherverbot der Nazis umgesetzt wurde. Wurden die Bücher „nur“ aussortiert und in die hinteren Reihen verbannt, weggeworfen oder auch an manchen Orten verbrannt – wie auf dem widerlichen Scheiterhaufen, in den die Nazis am 10. Mai 1933 in Berlin die Bücher jüdischer Schriftsteller:innen, Linker und frei denkender Frauen warfen.

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Um eine Wiederentdeckung dieser wunderbaren Bücher deutscher Autorinnen geht es auf dieser literarischen Entdeckungsreise. Dies ist eine kleine Auswahl der Bücher, die im „Lesezeichen“ aus- und vorgestellt werden:

Irmgard Keuns hinreißend witzig, geistreich und temporeich geschriebene Erzählung „Das kunstseidene Mädchen“.

Else Lasker-Schüler, die in ihren „Sämtlichen Gedichten“ ihre wilde, erfinderische, expressionistische Sprachlust demonstriert.

Alice Berend, der mit „Die Bräutigamme der Babette Bomberling“ ein ironisch-humorvolles Sittenbild der reichen Berliner Gesellschaft und des verarmten Adels gelungen ist.

Rosa Luxemburg, die sich in ihren „Briefen aus dem Gefängnis“ als Liebende und als warmherzige Beobachterin ihrer Mitmenschen, der Natur und Kultur zeigt – und nicht nur als politische Revolutionärin.

Mascha Kaleko sagt „Ich tat die Augen auf und sah das Helle“ – und das mit dieser unverwechselbar frech-lyrischen und sachlich-lässigen Art, die eine Stimme des Berlins in der Zeit der Weimarer Republik wurde.

Anna Seghers hat in ihrem spannenden Roman „Das Siebte Kreuz“ das beklemmendste, menschlichste Sittengemälde der frühen Jahre der Nazidiktatur gemalt.

Vicki Baums „Menschen im Hotel“ sind ein in allen Farben, nur nicht in Gold schillerndes Zeitbild der sogenannten goldenen 20er-Jahre des letzten Jahrhunderts.

Nelly Sachs, die in Berlin geborene deutsch-schwedisch-jüdische Literaturnobelreisträgerin ist eine der bildmächtigsten Poetinnen ihres Jahrhunderts – wie ihre „Gedichte“ beweisen.

Wie gesagt, der Schwerpunkt der ersten Auswahl sind die von den Nazis verbotenen Autorinnen. Aber in der Buchhandlung werden auch schon ein paar Autoren ausgestellt.

Unter anderen Heinrich Mann, Stefan Zweig, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky
Und Heinrich Heine. Dieser hat 1823 prophezeit: „Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“